Die Vorhut der Ökos, der Grünen war ausgebrannt. Diese Pioniere wollten eine Veränderung in der Außenwelt, in der Politik; sie wollten, dass die Naturzerstörung endlich aufhört. Dabei vergaßen sie, dass auch ihre Innenwelt wichtig ist: Wenn Menschen ihre eigene, innere Natur missachten, um die äußere Natur zu retten, dann muss das schief gehen. Dann verbittern sie und werden gewalttätig oder depressiv. Es musste in der Ökobwegung etwas Neues geben, so etwas wie die Tiefenökologie. Diese von Vorreitern wie Joanna Macy und Thich Nhat Hanh vertretene Richtung des Natur- und Weltbegzugs bezieht das Innere mit ein; sie weiß um den Bezug zwischen innen und außen. Sie erkennt den Organismus der Erde – Gaia – als ein Ganzes und ebenso die Innen/außen-Ganzheit jedes einzelnen Wesens, das dort lebt, fühlt und wahrnimmt. 

 

Gemeinplätze der Popspiritualität

Da nun ein Großteil der »Meme« – der sich ausbreitenden Denk- und Fühlweisen – von Psychos, Spiris und Esos in den Mainstream hineindriften, muss jetzt auch die spirituelle Bewegung eine »Tiefenspiritualität« entwickeln. Was im Mainstream unter dem Begriff »spirituell« angekommen ist, das sind die am leichtesten verdaulichen Gemeinplätze der spirituellen Bewegung, das Anpassbare. Das, was man verkaufen kann. Das, womit der Bürger dieser Konsumgesellschaft seine Komfortzone nicht zu verlassen braucht. Dazu gehören das positive Denken, das Resonanzgesetz, die Bevorzugung einer Kischversion des Herzens gegenüber dem geschmähten Kopf, die Sinnfindung auf Teufel komm raus (»Es gibt keine Zufälle«); das psychoanalysierende Überinterpretieren von Ereignissen, die ganz profane Gründe haben können; die umfassende Akzeptanz, ja Verehrung jeder Art von innerer Stimme oder Eingebung; die Künstlichkeit eines Selbstes, das meint, sich vom Ego absetzen zu können ohne dabei werten zu müssen – und vieles andere mehr. 

 

Neupositionierung von Connection

Zum einen habe ich persönlich das Bedürfnis, mich nicht von einer verflachten, kommerzialisierten oder Kitsch-Version von Spiritualität einlullen zu lassen zu einer Selbstgratulation der Art wie: Jetzt haben wir es geschafft, unsere Zeit ist gekommen, wir Pioniere waren die Vorhut, wir haben die ersten Schneisen ins Unterholz des Mainstreams, das alten, naturzerstörenden und spirit-ignoraten Mainstreams geschlagen. Zum anderen – siehe unseren Aufruf – muss ich nun meine Zeitschrift Connection neu positionieren; diese Zeitschrift, die wie kaum eine andere Vorhut dieser Bewegung war. Gibt es wirklich Bedarf für eine Tiefenspiritualität gegenüber der sich ausbreitenden Popspiritualität?

 

Die Konjunktur von Bauch und Herz

Und nochmal, für alle diejenigen, die noch immer denken, ich kleiner Verleger und Autor würde damit nur die zu hoch hängenden Trauben der Bonanza des Spirits im Mainstream schmähen: Wenn noch mehr Menschen auch nur anfangen, sich mit der Frage zu befassen, was der Vorzug des Herzens gegenüber dem Kopf oder eines Handelns »aus dem Bauch raus« sein kann, ist das gut. 

Wer aber ein bisschen genauer hinschaut, wird sehen: Was wird da mit »Bauch« und »Herz« nicht alles gerechtfertigt! Aus diesen frisch »spirituell« gewordenen Herzen und Bäuchen heraus werden Andersdenkende gedemütigt, ausgegrenzt, entwürdigt, verleumdet, über den Tisch gezogen und für die verschiedensten »unspirituellen« Zwecke benutzt. Nicht immer, aber immer öfter – weil nun der Mainstream sich dieses Jargons bemächtigt, dass »aus dem Bauch raus« irgendwie gut, weil intuitiv ist (wir sind ja alle emotional intelligent) und das Herz ist ja, wie wir alle wissen, viel besser als der Kopf. 

 

Spirituelle Praxis und »zweite Helfer«

Es braucht solche »Zweiten Helfer«, wie Eli Jaxon Bear sie in seinem Artikel zum Titelthema in unserem aktuellen Heft »Erwachendes Bewusstsein« fordert, sonst wird aus der spirituellen Bewegung eine neue bigotte Weltreligion mit ihren ganz eigenen Formen der Heuchelei und Seichtheit, der Massenhypnosen und des Mitläufertums. 

Wer wirklich meditiert und einsteigt in eine große spirituelle Praxis, eine nicht nur tröstende, sondern wirklich transformierende, der weiß, dass eine Wandel des Jargons im Mainstream noch nicht unbedingt einen Aufstieg der Kultur zu höheren Bewusstsein zur Folge hat. Dafür braucht es andere, tiefer schürfende Beobachter und Helfer. Dafür braucht es Tiefenspiritualität.